Eine kleine Alpenüberquerung über Via Claudia Augusta
Starten oder doch bis Nachmittags warte, das war hier die Frage der Fragen. Ich entschloss mich trotz des starken Regens die Tour zu beginne und bei der Gelegenheit konnte ich meinen neuen Regenponcho ausgiebig Testen. Als ich schließlich auf dem Rad saß und die ersten Kilometer gemacht habe, ging alles irgendwie viel leichter als sonst auf anderen Touren in der Vorbereitung auf diese Tour. Was ich aber sehr interessant fand, der Regen machte mir komischerweise nichts so viel aus wie anfangs befürchtet. So fuhr ich um die 15 Km durch teilweise echt heftigen Regen, dieser ließ dann immer mehr und mehr nach, um so weiter ich nach Süden kam, dafür stellte mir die Via Claudia Augusta eine neue Herausforderung auf der Tour.
Durch die heftigen Regenfälle wurde an einer Stelle sehr viel Geröll auf die Straße gespült, wenn das noch nicht genug wäre, sind in dem Geröllfeld noch unzählige Bäche entstanden. Jetzt hieß es einen Weg durch dieses Hindernis zu finden, eine Alternative gab es an dieser Stelle nicht, da meine Schuhe vom Regen eh schon nass waren, beschloss ich einfach da durchzulaufen. Das Geröll war allerdings nicht das größte Problem, auf den knapp 100 m musste das Fahrrad geschoben werden, was sich als schwieriger herausstellte, als es ausgehen hat. Das Schöne war, das nach der Durchquerung endlich die Sonne endlich zeigte, so konnte ich wenigstens die nassen Socken während der Fahrt trocknen.
Nach dem ganzen Regen konnte ich bis zum Campingplatz richtig schönes Wetter genießen. Die Landschaft, die sich nun vor mir öffnete, war auch jeden Blick wert. Der erste Campingplatz, den ich mir auf der Tour ausgesucht habe, war zugleich der letzte Campingplatz vor dem Fernpass. Nachdem ich alles aufgebaut habe, fing es auch wieder an zu regnen, irgendwie wurde ich an dem Tag das Gefühl nicht los, dass mir jemand die Tour nicht gönnt. Da meine Möglichkeiten durch den Regen sehr begrenzt waren, beschloss ich mir ein Film im Zelt anzusehen, bevor ich mich in das Land der Träume begeben würde. So schlecht wie in dieser Nacht hab ich auf der ganzen Tour nicht geschlafen, inzwischen weiß ich woran das gelegen hat. Ich war richtig froh als die Nacht vorbei es war, es regnete zwar nicht mehr, aber dafür stand ich jetzt in einer dicken Nebelwand, somit war das Zelt von Inne und Außen so richtig Nass. Es macht nicht wirklich Spaß ein richtig nasses Zelt zusammenzubauen, ich würde das Zelt aber auch nicht trocken bekommen in den nächsten zwei Stunden.
Vor den beiden Pässen hatte ich ein gewisses Maß an Respekt, man weiß vorher ja nie, wie sehr die Leute übertrieben haben, auf jeden Fall ging es ganz schön rauf und das auf einem sehr kurzem Stück. Es ist schon sehr erstaunlich wie schön die Natur ist, wenn man abseits der Autostraßen unterwegs ist, so zeigte sich mir das erste Highlight des Tages noch vor dem Fernpass. Direkt nach dem See ging es dann auch schon los mit der Steigung, ich finde, wenn man ausgeruht ist, geht es viel leichter, als wenn man Müde und K.O wäre. Ich muss Euch aber eins gestehen, dass ich denn Akku bei dem Fernpass nicht wirklich geschont. Am höchsten Punkt des Tages waren zwei Balken von 5 einfach weg und das nicht mal nach 10 Kilometern.
Das machte mir aber keine Kopfschmerzen, denn ich hatte mir für die Tour einen zweiten Akku gekauft, für den Fall das mir unterwegs der Saft ausgehen würde. Da die restlichen Kilometer für den Tag aber zu 90 % bergab gingen, sollte ich heute ohne den Reserve-Akku auskommen. Wenn man auf einer längeren Radreise unterwegs ist, hat man in der Regel sehr viel Zeit im Gepäck und macht sich keinen Stress auf seiner Tour. Ich habe mich bei dieser Tour aus einem guten Grund mich für das Zelten entschieden, so war ich flexibel und konnte individuell auf alle möglichen Situationen reagieren. Der nächste Abschnitt führte mich entlang der Inn Richtung Schweiz, allerdings fand ich diesen Abschnitt am langweiligsten, nicht von der Landschaft, hier verlief der Radweg unmittelbar in der Nähe der Autobahn.
Klar gab es auch hier hin und wieder einen schönen Abschnitt, aber wenn man das mit der Strecke von davor vergleichen, war er halt nicht ganz so schön. Als ich gegen 15 Uhr auf dem Campingplatz Riffler angekommen bin, war noch niemand da, hier hatte man aber die Möglichkeit selber einen vorab Check-in zu machen und sich selber ein Plätzchen auf der Campingwiese auszusuchen. So hatte ich für die zweite Nacht einen kleinen, aber gemütlichen Campingplatz auf meiner Tour. Das Coole an dem Campingplatz war, dass es direkt neben einem Lidl lag, da konnte man am nächsten Morgen sich wunderbar mit einem Frühstück versorgen. Da ich mit zwei Tagen Puffer auf diese Tour gestartet bin, hab ich meine vorherige Planung ich zu Hause gemacht habe etwas umgeschmissen, eigentlich hätte ich heute bis zum Reschensee fahren müssen, ich entschloss mich aber nur bis zum letzten Campingplatz vor dem Reschenpass zu fahren.
Es wäre auch kein Problem gewesen an meinen eigentlichen Plan festzuhalten, aber wer möchte schon 700 hm bei über 30 Grad fahren? Ich glaube da drauf hat niemand sonderlich viel Lust. Zum Abendessen gönnte ich mir heute mal eine Pizza und einen kühlen Radler. Da der Himmel wolkenlos war, hieß es das es eine Sternenklare Nacht gibt, das einzige, was mir dann doch paar Kopfschmerzen bereitete, waren die Temperaturen, die für die Nacht angekündigt waren. Laut App sollten es um die 6 Grad werden, laut meiner Uhr waren es aber grade mal 4 Grad. Ich kann echt froh sein, dass ich mein Schlafsack mitgenommen habe, der einen selbst noch bei 0 Grad warm hält, da seine Komforttemperatur bei 3 Grad liegt. Nachts wurde ich einmal wach und dann riskierte ich eine Blick nach draußen und war hin und weg, dieser Sternenhimmel war echt zauberhaft, es waren so viele Sterne zu sehen, dass man schon dachte, man ist auf einem anderen Planeten.
Um 7.30 Uhr wer ich diesmal fertig mit dem Abbauen, jetzt gab es ein schnelles To-Go Frühstück, welches ich auf dem Rad gegessen hab, denn das Thermometer zeigte immer noch 4 Grad an. Vor dem Pass gab es noch die Erlebnisburg Altfinstermünz welche man sich bei der frühen Uhrzeit nur von außen anschauen konnte. Das wichtigste zu diesem Zeitpunkt war die Umstellung der SIM-Karten, denn bei einem Anbieter ist die Schweiz inklusive, bei dem anderen wieder nicht. Kaum war ich in der Schweiz, begrüßt die mich, mit einer heftigen Steigung auf einem Schotterweg, wo selbst der Turbo Modus vom CX Motor seine Mühen hatte. Glücklicherweise würde mir schnell wieder warm werden, denn direkt nach der Grenzüberschreitung ging es auch schon los mit dem Reschenpass.
Da ich wusste, dass ich heute nicht viele Kilometer machen würde, musste ich mir um den Akku keine Gedanken machen. Auch hier gingen die Akkureserven sehr schnell leer, den Reschenpass zu fahren machte viel mehr Spaß, als vorher gedacht. Es war nicht nur der Straßenbelag, der besser war, auch die Aussicht vom Reschenpass war viel schöner als die Aussicht vom Fernpass. Alles in allem fand ich aber den Fernpass anspruchsvoller zu fahren wie den Reschenpass, hier war ich echt überrascht wie einfach das doch mit einem E-Bike klappt. An der Grenze zu Italien gab es Pflichtstopp für mich, hier musste ich unbedingt zwei Fotos machen, einmal mit dem Schild Italien und einmal mit dem Schild vom Reschenpass, denn immerhin war das der höchste Punkt der Tour.
Falls ihr die Tour auch mal fahren möchtet, dann fahrt links herum um den Reschensee, denn so kommt ihr an dem bekannten Kirchturm vorbei, welcher aus dem See herausragt. Später hinter dem See werdet ihr dann wieder auf die offizielle Route der VCA treffen und fährt ohne Umschweife bis nach Bozen oder noch weiter auf der offiziellen Route. Kurz hinter dem Reschensee habe ich mich dann für den zweiten Campingplatz entschiede, da dieser ein eigenes Restaurant hat und näher am Becker liegt als der andere. Wenn ich schon in Italien war, musste ich auch eine originale und typische italienische Pizza probieren, so eine gute und auch große Pizza hab ich in Deutschland noch nirgendwo gesehen. Was mich auch etwas überraschte waren die Preise beim Becker, denn hier geht es nicht nach Stück, sondern nach dem Gewicht, was ich aber viel fairer finde dem Becker gegenüber.
Mein Schlafplatz für heute Nacht lag weit über 1000 mÜNN, so hab ich mich von Anfang an auf eine kühle Nach vorbereitet, denn hier oben könnte es wieder sehr frisch werden. Am nächsten Morgen hatte ich wieder alle Zeit der Welt, denn ich wusste ja, es geht nur noch Berg ab. Das Schöne an diesem Abschnitt war, dass es bis Meran nur noch Bergab ging. So zeigte am Ende des Tages das Display vom E-Bike eine Restreichweite von knapp 140 km im Eco-Modus und das, obwohl ich schon 60 km gefahren bin.
Bei diesem Campingplatz habe ich echt viel Angstschweiß gehabt, denn die Rezeption öffnete erst in 20 Min., aber im Fenster hing ein Zettel, wo draufstand, restlos ausgebucht. Andere Radreisende fuhren hier bereits wieder weg und meinten, dass es wohl kein Sinn machen würde zu warten. Ich nutzte die 20 Min für eine Pause und um ein Plan B & C zu schmieden, für den Fall das hier wirklich alles voll sein würde. Geduld zahlt sich wohl aus, würde ich sage, die Stehplätze waren restlos ausgebucht, aber auf der Zeltwiese war noch eine Menge Platz, als ich das gehört hab, ist mir echt ein Stein vom Herzen gefallen. Der Platz war der coolste und auch schönsten auf der ganzen Tour.
Ich war viel schneller unterwegs wie eigentlich geplant und auch gedacht, jetzt stellte sich die Frage, was machen mit den drei Tagen, die ich über hatte. Ich hätte ja die Tour ja noch weiter als Kaltener See fahren können, auch der Gardersee wäre noch drin gewesen. Da die Strecke ab Meran ziemlich eintönig und langweilig war, entschloss ich mich einen schönen Campingplatz zu suchen und da die letzten zwei Tage zu relaxen. Dafür war der Campingplatz am Kaltener See einfach perfekt bei den Temperaturen, meine Entscheidung nicht wieder zu fahren stellte sich am Ende als die richtige Entscheidung heraus.
Freitag nutzte ich die Möglichkeit im See Baden zu gehen, denn so eine Abkühlung bei über 30 Grad tat echt gut. Am Samstag hat es den ganzen Tag geregnet, jetzt stellt euch vor, ich wäre weitergefahren, ich glaube da wäre meine Laune im Keller gewesen bei dem Regen. Am letzten Tag ging es in eine Pension nahe Bozen, von dort aus hatte ich nur 30 Min bis zu Busstation. So ein richtiges Bett nach so einer länger Zeit ist echt ein wunderbares Geschenk für den Rücken. Der Rücktransfer nach Deutschland klappte am letzten Tag ohne irgendwelche Zwischenfälle, wir fuhren sogar über den Fernpass zurück nach Füssen, so konnte man sich wunderbar dran erinnern, wie es hier noch vor ein paar Tagen war, als man noch auf der Via Claudia Augusta unterwegs war.